G?ste haben ist schon was arg feines: Da kann man mal so richtig zeigen, was wirklich in einem steckt! Ein ganzer Kerl dank Chappie.
Essen ist wirklich das einzige, was Menschen jeglicher Coleur und Gesinnung immer wieder friedlich an einem Tisch vereint. Vor allem die Amis, die lieben reich gedeckte Tische. Von allem immer etwas mehr, der Amerikanische Traum externalisiert in Form von Beer, Blondes and Schnitzel.
Und das funktioniert eben besonders gut in Deutschland. Schon bei der Tischreservierung geht’s los: „Denken Sie dran, wir sind eine AG“. -Wer w?rde sich dann gegen zarteste Lammr?cken, Edelfische, Sirloin-Steaks und Brauhaus-Schnitzel neben den besten Weinen, Grappa, Espresso Macchiato oder einem B?nnsch nach dem anderen wehren wollen, wenn der Laden zahlt? Und immer Fackelzug, alle Mann ins Taxi. Gut, CO2-technisch sind solche Firmenessen eine wahre Katastrophe, angefangen vom Argentinischen Rind, das vor seinem Ableben sicher nicht zu uns r?bergeschwommen ist. Die israelischen Tomaten stehen dann in der Emissionsbilanz auch noch schlechter da als die Paprika aus Spanien oder der Zander, der sein Filet gespendet hat. Aber das ist Globalisierung: Can’t have one without the other. Wir k?nnen wohl kaum an die Frittenbude gehen, mit den eingeflogenen Gesch?ftpartnern, ab einer gewissen Summe im Auftragsvolumen spielt ein Abendessen nur noch in der Hunderstel-Promill-Liga mit.
Eigentlich ekelhaft: Da fragen die einen, ob es in Deutschland wohl ?blich sei, seinen Teller ganz aufzuessen. Die Portionen seien ja schlie?lich so klein. Und: Man k?nne von einem Lunch in Amerika problemlos 2 weitere Tage die aufgew?rmten Reste essen. Ich antworte, absichtlich nicht frei von verachtender Ironie: „Meine Mutter hat uns Kindern immer gesagt, wenn ihr euren Teller nicht leere?t, gibt es kein sch?nes Wetter! -Nun, ich hab ihr nach meinem ersten Amerika-Besuch gesagt, da? sie gar nicht rechtgehabt haben konnte, denn auch in Amerika scheint recht oft die Sonne.“ -Staunende, leicht gekr?nkt wirkende Gesichter auf der anderen Tischseite. Homerun!
Im Brauhaus wollen wir es dann wissen, die Schnitzel sind dort so gro?, da? sie erstmal Furcht und Schrecken einjagen anstatt Appetit zu machen. Die Amis sind sichtlich beeindruckt, und selbst die Damen schmelzen beim Anblick dieser beiden enormen Fleischlappen, die keinen Quadratmillimeter Keramik mehr erkennen lassen, dahin. Geschickt essen sie um die Beilagen herum, sp?len mit ordentlich B?nnsch nach und sind ganz gl?ckseelig, da? sie diesmal was ?briglassen k?nnen. Was soll’s, die Kinder in Afrika k?nnten uns hierbei jetzt auch nur wenig helfen…
Ich bin ja nur froh gewesen, da? der B?nnsche K?bes nicht so unfreundlich ist wie das Original in K?ln. Die Jungs haben ja immer so eine Art am Leib, die mich stark an mittelhessische Fleischerei-Fachverk?uferinnen erinnert. („100g Leberwurst bitte, von der fetten, groben!“ -„Tut mir leid, die hat heute Berufsschule.“) Da kommt immerwieder Freude auf, da f?hlt man sich noch als Kunde wohl: „Sonst noch was?“ -Man sollte in Hessen gro?geworden sein, um sich da nicht dr?ber zu wundern. In diesem Zusammenhang k?nnte man jetzt noch davon erz?hlen, wie man es nur wagen kann, die Mitarbeiterinnen einer angeschlagenen, gro?en Kaufhauskette, beim Plausch zu st?ren, nur weil man etwas kaufen m?chte. Das ist jetzt zwar eine andere Baustelle aber die Denke ist die selbe: Nur nicht zu h?flich sein, denn Vorsicht, Kunde naht! Sowas gibt es in Amerika nicht, da wird man selbst dann noch mit H?f- und Freundlichkeit ?berh?uft, wenn man es gar nicht verdient h?tte. Und so wei? ich nun nach einer Woche maximaler Hospitalit?t nichtmal, ob es wirklich jedes Mal „very good“ war. Zum Gl?ck sind wir eine AG!